Neuer Beitrag in meiner Blogreihe. ADHS – viele Leute verbinden damit Kinder, die nicht still sitzen können, die laut sind und ständigen Bewegungsdrang haben. Doch auch Erwachsene können diese Diagnose erhalten. Ich möchte Euch heute eine besondere Patchwork – Familie in zwei Teilen vorstellen. Die Mama, genannt “Natura Tribemom” möchte nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden. Das ist auch verständlich, denn diese Familiengeschichte wird unter die Haut gehen. Im ersten Teil möchte sie Euch, von der Diagnose ADHS berichten.

Im zweiten Teil, wird es meinerseits Vorwarnungen, so genannte Trigger-Warnungen geben, denn Natura Tribemom wird über schwere Themen, wie Fehlgeburt und schwere Entscheidungen gegen zwei Kinder – Schwangerschaftsabbruch – berichten und über ihre Arbeit mit Kindern in Wachkoma und Kindern mit handicap. Ich selbst bin tief beeindruckt, welche Kraft in ihr steckt, welchen Mut sie aufbringen musste, um so schwierige Lebensentscheidungen zu treffen und wie sie ihr Leben mit der Diagnose ADHS meistern. Dieses Interview zeigt, dass es nicht immer leicht ist im Leben, dass es Grenzen gibt und Entscheidungen, die andere Menschen nicht verstehen können. Es zeigt eine Familie, die eine tiefe Verbundenheit hat, mit Herausforderungen, die das Leben bereit stellt. Es zeigt ihre Welt – ihr Denken und Handeln und das darf keinesfalls beurteilt oder sogar verurteilt werden, denn Jeder hat sein Päckchen zu tragen.
Das Interview
Bitte beschreibe kurz Deine Familie. Was tust Du beruflich, wer gehört zur Familie, wie ist euer Lebensstil bzw. – einstellung?
Ich bin gelernte Mediengestalterinnen. Habe nach der Entbindung meiner Kinder ein Studium zur Heilpraktikerin Psychotherapie gemacht, Entspannungstrainerin, Tier Kinesiologie, Klangschalen und Gestalttherapeutin sowie eine Ausbildung zur hundgestützten Therapeutin, wo ich selbst auch ausgebildet habe. Erst war ich angestellt, dann selbstständig. Zur Familie gehören meine Deutsche Dogge Iva, mein Königspudel Mailou, meine beiden Söhne und mein Lebenspartner, den ich am 11. August heiraten werde. Wahrscheinlich auch ein kleines Baby in meinem Bauch. Die Reihenfolge der Aufzählung hat keine Relevanz 😉 Die Frage nach Lebenseinstellung oder Stil kann ich nur mit einem Wort beantworten „Natürlich“ . Das beinhaltet die modernen Worte: alternativ, attachment parenting, Öko, nachhaltig usw.. Wir sind ganz einfach ursprünglich.
Was bedeutet für Dich Familie?
Deine Söhne, Du und auch dein Partner haben die Diagnose ADHS. Was genau bedeutet das?
Wie macht sich die Krankheit im Alltag bemerkbar und gibt es eine Möglichkeit der Heilung?
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Es gibt Kritiker die sagen, dass es die Krankheit ADHS nicht gibt – wie denkst Du darüber?
Wenn ich all die vielen Bücher lese, mich mit den ganzen Ärzten und Therapeuten über dieses Thema unterhalte, könnte ich sagen, es gibt ADHS oder im amerikanischen ADHD. Man könnte aber auch sagen wir haben andere Persönlichkeitsstörungen, so wie Borderline oder wir haben posttraumatische Belastungsstörungen. So macht es sich zumindest an unserem Verhalten, Denkstruktur sowie emotionalen Erleben bemerkbar. Mir hat noch keiner ins Gehirn reingeleuchtet und dort zu wenig Dopamin gefunden. Es kann auch alles hormonell sein. Angeblich kann man das im Rückenmark nachweisen. Ich kann aber auch mein Denken und meine Ernährung umstellen, und mein Körper reagiert hormonell wieder ganz anders. Man sagt, die heutigen ADHSler waren früher die Sammler und Jäger. Leuchtet mir ein, wenn es diese Gruppierungen wirklich gab.
Gibt es in Eurer Partnerschaft Situationen, wo sich ADHS bemerkbar macht? Erschwert es in manchen Bereichen die Beziehung?
ADHS hast du angeblich von Kindheit an und wirst es dein Leben lang nicht verlieren. Somit ist Beziehungsgestaltung in jedweder Form, wahrscheinlich ein Leben lang, ein bisschen schwieriger als bei Anderen. Es erschwert dermaßen die Beziehung, dass ich regelmäßig am Ende meiner Kräfte bin. Aber es macht die Beziehung auch so authentisch, so intensiv und so ehrlich, so liebevoll, so lebhaft und so kreativ, dass immer wieder die Kraft für die Liebe da ist. Wir spiegeln uns nahe zu perfekt und geben uns die Möglichkeit, innerlich so wie äußerlich, so richtig aufzuräumen und dadurch frei zu werden. Es ist scheiße anstrengend! Aber es lohnt sich. Es gibt Momente, wo man uns von außen beobachtet, nur die Hände über den Kopf zusammenschlagen könnte und meinen könnte, wir sind ein verrückter Hühnerhaufen. Aber wir haben so viele Freunde, die genau das an uns zu schätzen wissen. Wir können auch sehr ruhig und ausgeglichen sein. Ist ja logisch, es leben ja in uns allen die zwei Pole.
Ihr lebt in einer Patchworkfamilie. Was genau ist die Besonderheit daran?
Ich weiß nicht ob es besonders ist. Es ist ein wenig anders. Wir sind keine geschlossene Familie. Wir können nicht alles unter uns klären. Da gibt es noch eine Stiefmutter, gibt es noch ein Halbgeschwisterchen, gibt es noch den Stiefvater und deren Familien. Dieses Komplexe, ganze harmonisch in die Familie einfließen zu lassen, ist wahrlich eine Lebensaufgabe. Für den Kindsvater ist es schwer seine Kinder so selten sehen zu können, die Kinder haben verschiedene Bezugspersonen und müssen sich innerlich orientieren. Sie haben verschiedene zu Hause und unterschiedliche Prägungen. Für die Stiefeltern ist es in vielen Momenten schwer, gewisse Verhaltensweisen und Entscheidungen nachvollziehen zu können. Für mich als Mutter ist es sehr belastend, alle Parteien doch irgendwie zu verstehen und zu managen. Ein langer, harter Weg liegt hinter uns. Das wünsche ich Keinem! Gottseidank gibt es für uns dann ab und an freie Tage, wo wir uns wieder zentrieren können. Schlimm ist immer dieser ganze Bürokram und diese Zettelwirtschaft der verschiedenen Ämter und Schulen. Wir haben das gemeinsame Sorgerecht und Alles müssen beide entscheiden und unterschreiben.
Gibt es Vorurteile seitens der Gesellschaft? Wie machen die sich bemerkbar?
Welche Schwierigkeiten bringt es mit sich, wenn zwei Familien mit ihrer eigenen Geschichte zusammen leben?
Nun ja, es bedarf viel Reflektionen, Geduld, Liebe und Offenheit. Mein Partner hat noch keine Kinder. Das erleichtert uns Einiges. In meinem Freundeskreis gibt es aber Patchwork Familien, wo beide Partner eigene Kinder mitbringen. Viele sind dort an ihre Grenzen gestoßen. Manche haben aufgegeben und einige schaffen es, mit viel Liebe und Souveränität. Die Schwierigkeit besteht in meinen Augen darin, wie im übrigen auch bei nicht Patchwork Familien, dass Jeder seinen eigenen Raum haben darf. Damit meine ich seinen persönlichen, inneren Raum, den er ohne Einschränkung in das große Ganze (Familie) mit einfließen lassen darf. Heute, in den Zeiten der unangenehmen Abhängigkeiten, und viel destruktiven Prägungen, da wir alle Kinder, Enkel und Urenkel der Kriegsgenerationen im Patriarchat sind, stellt allein das schon die größte Herausforderung dar.
Wie würdest Du euren Lebens- und Erziehungsstil beschreiben?
Wie schon eingangs erwähnt, natürlich. Wir schauen auf unsere Uhrinstinkte, räumen unsere Intuition frei und koppeln das mit den heutigen Entwicklungsmöglichkeiten. Wir leben sehr authentisch, befreien uns oft schmerzlich von Dogmen und wollen trotzdem nicht weltfremd leben. Wir haben allerhand Technik und auch Lego Ninjago :-). Es gibt tägliche Medienzeiten, wo die Kinder frei mit entscheiden können, wann sie diese nutzen. Alle haben ihre Aufgaben im Haushalt sowie Regeln in der Kommunikation und Umgangsform wurden auch aufgestellt. Die natürlichen Konsequenzen entstehen eben aus nicht achtsamen Umgang mit diesen Regeln. Wir sind sehr viel in der Natur und ernähren uns bewusst. Versuchen möglichst viel Müll zu vermeiden. Ich versuche regelmäßig heimlich die Kinderzimmer zu entmüllen (wenn die Familie unwissend mal wieder zu viel geschenkt hat), damit Konsum und Materialismus nicht zur Ersatzbefriedigung wird und zur Kompensationsleistung dient. Denn Jeder kommt in unserer Familie irgendwann mal zu kurz und ist traurig. Mit diesem Gefühlen wollen wir uns auseinandersetzen und gemeinsam für einander da sein. Nicht weg kompensieren. Das klingt jetzt vielleicht total toll, ist aber in der Realität ein anstrengendes Unterfangen.