Das Interview – 2. Teil
Du hast mir erzählt, dass es auch schon sehr schwere Zeiten in deinem Leben gegeben hat und Du bereits eine Fehlgeburt erlitten hast. In welcher Woche ist es passiert?
Ich hatte sehr schwere Zeiten in meinem Leben aber dazu zählt nicht die Fehlgeburt. Es war eine ungeplante Schwangerschaft, dass hatte nur mein Ratio nicht geplant. Auf andere Ebene war es meiner Meinung nach schon längst entschieden. Es hatte letztlich Alles – für mich – einen tieferen Sinn. Auch daraus mache ich kein großes Drama oder eine spirituelle story. Vielleicht hatte ich aber auch einfach nur meinen Eisprung viel früher als sonst. Dieses Kind ist auf einem Festival entstanden, wo ich mit psychoaktiven Drogen experimentiert habe. Da ist es dann noch ganz verständlich, dass es diesen Cocktail einfach nicht vertragen hat. Ich weine eher, weil ich über Leben und Tod meiner anderen Kinder entschieden habe. Das war eine schwerere Zeit für mich. Es ist in der neunten Woche gestorben. Die anderen in der 9. und 11. Woche.
Wie gehst Du und die Familie mit dem Thema Fehlgeburt um?
Ungewollt schwanger werden ist heutzutage oft eine Entscheidung, die zwischen Herz und Kopf entschieden werden muss. Alle Mütter, die sich gegen ein Kind entscheiden haben ihre Gründe und meinen vollen Respekt vor so einer schweren Entscheidung und für die Kraft, das auch durchzustehen. Du hast Dich in deinem Leben zweimal gegen ein Kind und für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Magst Du uns deine Geschichte erzählen?
Wie geht ihr mit dem „Verlust“ um?
Wie hat das Umfeld reagiert bzw. auch die Familie?
WIR SIND. Präsens, das ist Alles. Wir fühlen uns und die Anderen. Wir lieben und wir hassen uns. Wir sind in unserer Natürlichkeit verbunden mit allem was ist . Wir glauben an das Jetzt und die Verbindung. Es entsteht einfach. Es ist für uns eher ein Prozess des Tuns, weniger des „Glaubens“.
Du bist selbständig und mit deinem Theraphiehund – einem Königspudel – auf Kinder mit Behinderung und Kinder im Wachkoma spezialisiert. Wie kam es dazu?
Welche Erfahrungen hast Du in deinem Beruf machen dürfen?
Ich persönlich stelle es mir sehr schwer vor, mit Kindern im Wachkoma und deren Familien zu arbeiten. Wahrscheinlich gibt es dort keine Chance auf Heilung. Wie empfindest Du diese Arbeit und kann mit den Kindern eine Art der Verbindung aufgebaut werden?
Chancen auf Heilung? Jetzt wäre wirklich die Frage was “heil” ist? Viele Behinderte sind in sich ein geheilter, geschlossener Kreis. Sie sind einfach nur bedürftig und abhängig von uns. Sie wollen die Verbindung zu uns aufbauen, damit wir die Verbindung zu Ihnen aufbauen können und sie uns all das zeigen können, was sie mitbringen. Auch die Menschen, die durch einen Unfall ins Wachkoma gekommen sind. Die an einer Erbkrankheit erkrankt sind, beziehungsweise durch Infektion oder, oder. Alle begeben sich auf eine individuelle Reise, der sie wohl ins Auge blicken dürfen. Es ist nicht immer das Ziel heil zu werden. Das ist ein Gutmensch, denken von uns harmoniebedürftigen Menschen. Auch ich habe oft gedacht, wäre doch dieser Mensch besser gestorben. Ja, ich konnte zu all meinen Klienten eine sehr starke Verbindung aufbauen und sie zu mir. Ich hatte auch gute Lehrer, die mir gezeigt haben damit umzugehen. Tatsächlich konnte ich einiges bewegen. Familien konnten zusammen wachsen. “Loslassarbeit” war wichtig und ich durfte individuelle Prozesse begleiten. Einige Menschen habe ich gewiss auch verärgert, genervt oder gestresst. Mein Klient, bei dem ich jetzt noch einmal die Woche bin, ist mir sehr ans Herz gewachsen. Er hatte einen Unfall vor über zehn Jahren. Er ist ins Wasser gesprungen und im Schlamm stecken geblieben. Eine knappe Stunde war er unter Wasser. Als ist die Rettungsdienste ihn endlich fanden und an Land zogen, schlug er sogar noch die Augen auf. Damals war er 16 Jahre alt. Sie hatten ihn ins künstliche Koma gelegt. Als er aufwachte, konnte er sogar noch sprechen. Danach begannen die Spastiken in seinen Körper zu schießen. Einige falsche Therapien und Medikamente kamen zum Einsatz. Etliche Male hat er versucht sich das Leben zu nehmen. Doch immer wieder hat das Ego des Menschen versucht ihn am Leben zu erhalten. Er hat sich völlig in sich verkapselt und innen von außen getrennt. Alles Außen abgewehrt. Fast Jedem, der ihm zu nahe kam, wurde mit Schlägen auf Abstand gehalten. Nächtelang schrie und weinte er. Das Essen verweigert er. Seine Sprache verkrüppelte komplett. Nun sitzt er im Rollstuhl und aus irgendeinem Grund haben sich unsere Herzen berührt. Er ist kooperativer, isst wieder von selbst, manchmal spricht er auch einzelne Worte oder Sätze. Er lacht unglaublich viel und er ist der stärkste Mensch den ich kenne! Ich liebe ihn von ganzem Herzen. Und damit das jetzt Alles nicht so unglaublich schnulzig klingt- er bringt mich auch dermaßen auf die Palme, dass ich ihm am liebsten an den Kopf klatschen würde, was für ein arroganter, behinderter Macho er ist.